Pimp your D800 (mit dem DK-17M)

Handgedrehte Schärfe

In Paris habe ich mich von der Qualität des AF-S NIKKOR 14-24mm f/2.8G ED überzeugen können.  Trotzdem wollte ich vor dem Kauf den direkten Vergleich zum Distagon T* 2,8/15 und bin dafür zu meinem freundlichen Fotohändler um die Ecke getappelt.  Nach einer Stunde mit dem manuell zu fokussierenden Zeiss an meiner D800 ist mir unter anderem aufgefallen, dass es mir äußerst schwer fiel, den Fokuspunkt präzise zu platzieren.  Weniger als die Hälfte der Bilder waren an der Stelle scharf, an der ich es wollte.  Dafür sehe ich primär 10 Gründe

  • Ich bin aus der Ãœbung was manuelles Fokussieren angeht
  • »die unverzeihliche D800«, mit kleinem Sucherbild ohne fokusing screen

Beim manuellen Fokussieren verhält es sich wie beim Einparken.  Und so wie im Auto die Technik Einzug gehalten hat und die Ãœbung ohne Parkhilfen einzuparken verloren geht, so ist es auch beim fotografieren mit Autofokus.  Doch diese Ãœbung ist mit ein paar (tausend) manuell fokussierten Bilder schnell wieder erlernt und würde mich nicht von der Benutzung eines MF-Objektives abhalten.

    Zeiss 15/2.8
Nikkor 14-24/2.8     Schwieriger ist es beim zweiten Punkt und der Hardware.  Die hohe Pixeldichte der D800 hat Ihr bei Enthusiasten und Kritikern den Beinamen »die Unverzeihliche« eingebracht.  Eine gute Fotografiertechnik ist unbedingt notwendig, wenn man jederzeit und on demand scharfe Bilder erreichen möchte.  Kein Wunder wenn man also versucht, durch Tuning an der ein oder anderen Hardware-Voraussetzung für gute Bilder zu drehen.  Genauer geht es mir dabei um die optische Vergrößerung des Sucherbildes und/oder um sogenannte »focusing screens«.  Letzteres sind Mattscheiben von Drittherstellern, welche als Fokusierhilfe dienen (so wie früher™), bei mir aber eher nicht in Frage kommen.  Doch beim Thema »kleines Sucherbild«, da kann man was machen…

Randbemerkung: Zeiss hat sich dem Problem in einem kleinem Artikel »Sharpness – handmade« angenommen.  Und Nikon legt der D800 sogar einen Beipackzettel bei, um den richtigen Weg zu scharfen Bildern zu weisen.

Das Vergrößerungsokular DK-17M

Das DK-17M ist ein Vergrößerungsokular, welches nach Nikon Angaben das Sucherbild um den Faktor 1.2 vergrößert.  Offiziell unterstützt werden die älteren Bodys (D2*, D3* und D700).  Soweit die spärlichen Angaben von Nikon.  Der Preis liegt aktuell bei ca. 30€.

[exzo url=”” title=”DK-17M Vergrößerungsokular”]DK-17M_0001.jpg[/exzo]

Es handelt sich hier also um eine kompakte Lupe, welche auf Kosten der Bautiefe und Helligkeit ein größeres Sucherbild bietet.  Das sich das an der D800 lohnt, selbst wenn man fast ausschließlich autofokussiert (oder mit dem Liveview arbeitet), möchte ich im Folgenden darstellen.

DK-17M Installation an der D800

Das »Installieren« des Okulars ist denkbar einfach, im D800-Handbuch auf Seite 36 beschrieben und in einer Minute erledigt.  Man schließt zuerst den Sucherverschluß mittels des kleinem Hebel links oberhalb vom Sucher.  Danach kann das Originalokular gegen den Uhrzeigersinn abgeschraubt und das neue Okular aufgeschraubt werden.  Das Dk-17M ist übrigens im D800-Handbuch auf Seite 388 als Sucherzubehör aufgeführt, d.h. die Angaben zur Kompatibilität auf der Nikon-Webseite sind nicht aktuell.

[exzo url=”” title=”Original-Okular (links) und DK-17M (rechts) im Vergleich”]DK-17M_0002.jpg[/exzo]

Größer ist besser!

Zunächst stellt sich die Frage, ob 20% mehr überhaupt eine spürbare Änderung sind.  Schließlich entstehen 20% mehr Fläche durch marginale 10% mehr Kantenlänge des Sucherbildes (Faustformel: 10% Breiter + 10% Höher = 20% Mehr Fläche 😉 In einem Wort, der Unterschied ist phänomenal – und das nicht nur für Fotografen, die mit analoger Technik aufgewachsen sind.  Das größere Sucherbild lässt insbesondere an der D800 Details erkennen, welche vorher nicht zu sehen waren.  Das hilft nicht nur bei fokussieren, sondern ist auch im Zusammenhang mit AF-Objektiven einfach nur angenehm.
Nachdem ich ein paar mal zwischen Originalokular und DK-17M hin-und-her gewechselt habe und mir zusätzlich in Photoshop den theoretischen Größenzuwachs skizziert habe, bin ich jetzt der Meinung, dass das Bild in beide Richtungen um 20% und die Fläche damit um 44% wächst.  Das neue Sucherbild ist einfach riesig!

Dabei sei noch einmal erwähnt, dass es sich nur um ein Okular handelt.  Es werden also nicht mehr Details dargestellt, sondern die vorhandenen Sucherbildpunkte werden nur größer.  Das verhält sich ein bisschen wie bei Fernsehern: ein 40″ und ein 44″ Fernseher haben die gleichen Details.  Ob man diese allerdings erkennt, hängt maßgeblich von der Entfernung der Betrachter (und dessen Sehstärke) ab.  Beim Okular geht man naturgemäß so dicht ran, wie es geht.  Und solange man nicht alle Details des D800 Suchers erkennen kann, gilt das übliche Mantra: Größer ist besser.

Es ist offensichtlich, dass sich die Energie (sprich Helligkeit) des Sucherbildes auf eine größerer Fläche verteilt.  Allerdings wirkt das Bild im Vergleich keineswegs dunkler.  Im Gegenteil: die lupenreine optische Qualität scheint den Kontrast und die Brillanz des Sucherbildes eher noch zu steigern.  Ignoriert man die Euphorie über das größere Bild und den sagenhaften Detailreichtum, bleibt mindestens die Erkenntnis, dass das DK-17M Okular die Qualität des Sucherbildes in keiner Weise verschlechtert.

       Effekt des DK-17M

Ein weiterer Vorteil des DK-17M ist die etwas bequemere Position des Auges vor der Kamera.  Durch den zusätzlichen Abstand des Okulars vom Body der D800, hat die Nase das kleine Bisschen mehr Platz zum Atmen.

Die Nachteile

Den größten Wermutstropfen schlürfen Brillenträger.  Im Netz gibt es einige Berichte, nach denen Brillenträger mit dem DK-17M nicht alle Bereiche des Suchers sehen können (speziell die Ecken und die Sucherinformationen).  Nach einem kurzen Test mit der Sonnenbrillen, konnte ich das prinzipiell bestätigen.  Man kann mit dem zusätzlichen Abstand zwischen Auge und Brille nicht das gesamte Sucherbild erkennen und müsste das Auge zur Kamera minimal bewegen, um sequentiell alles zu sehen.  Für mich ist das im Moment noch wenig relevant, da ich beim Fotografieren auch an hellen Tagen die Sonnenbrille meistens abnehme.  Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass das Sucherbild jetzt so groß ist, dass man auch ohne Brille das gesamte Sucherbild nicht auf einmal erfasst.

Ein kleines Problem ist die zusätzliche Bautiefe.  Wer seine Kamera in einer weich gepolsterten Fototasche transportiert, wird das in den meisten Fällen gar nicht merken.  Zwar steht das Okular jetzt auf der Rückseite um einige Millimeter über, aber welche Kamera wird schon passgenau weggesteckt.  Wer allerdings seine Cam auch mal in den Kletterrucksack »stopft«, könnte mit dem Zentimeter ein Problem bekommen, spätestens wenn sich die erste Bandschlinge dran verwickelt hat.  Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.

Da wir gerade beim Klettern sind: vom Gewicht unterscheiden sich die Okulare nur marginal.  D.h. wer nicht zu den Leuten gehört, die ihre Zahnbürsten absägen oder die Akkus nur halb aufladen um Gewicht zu sparen, der merkt hier keinen Unterschied.

[exzo url=”” title=”Original-Okular (links) und DK-17M (rechts) im Vergleich an der D800 – Die größere Bautiefe deutlich zu erkennen”]DK-17M_0005.jpg[/exzo]

Nie wieder ohne, denn man gönnt sich ja sonst nix

Bleibt noch die Diskussion um das Preis/Leistungsverhältnis.  Wer ausschließlich oder viel im Sucher manuell fokussiert, hat das DK-17M Vergrößerungsokular schon lange drauf.  Für alle anderen (mich eingeschlossen) ist das Okular ein Luxusartikel.  Mit den passenden AF-Objektiven und der richtigen Technik kann man der D800 auch mit dem Original-Okular exzellente Bilder entlocken.  Allerdings kann man für 30€ sich und seinen Augen mit dem DK-17M mal was richtig Gutes tun.  Das Geld ist beim nächsten Fotojob (oder der nächsten Urlaubskasse) locker drin.

Das DK-17M bleibt zumindest auf meiner D800 drauf Рman g̦nnt sich ja sonst nix.


2 Responses [Umgekehrte Reihenfolge]

  1. #171823
    2

    Das mit den Zahnbürsten wird übrigens wirklich gemacht 🙂

  2. Apple Man IV.
    #171819
    1

    ….die ihre Zahnbürsten absägen oder die Akkus nur halb aufladen um Gewicht zu sparen, der merkt hier keinen Unterschied….

    der Vergleich ist echt passend