Sardinien (Teil 1 von 3)

Als aufmerksame Leser des DAV-Heftes hat sich bei uns Anfang des Jahres Sardinien als potentielles Urlaubs- und Kletterziel herauskristallisiert. Korsika war zwar auch noch eine Option, und laut Informationen aus dem Freundeskreis deutlich günstiger, aber die Bilder von Sardiniens Steilküsten waren dann doch zu überzeugend.

So begannen wir – typisch deutsche Frühbucher – schon im Januar mit der Recherche, zunächst, indem wir den Kletterführer bestellten. Dort fanden wir dann auch Hinweise zu Unterkünften, und die Information, dass ein Autor vor Ort ein ‘Muss’ ist. Kurz Ãœberschlagen ergab, dass per Flugzeug reisen und dann ein Auto mieten nicht günstiger wird, als mit dem eigenen Auto per Fähre anzureisen. So stand also als nächster Schritt an, mögliche Fährverbindungen, und preislich günstige Termine zu finden, und diese mit der Verfügbarkeit der Unterkunft unserer Wahl abzustimmen.

Dafür schrieben wir zunächst die Betreiberfamilie der ‘Lido Residence’ in Cala Gonone an. Sie wurde im Kletterführer beworben und liegt im Zentrum einer größeren Ansammlung von Klettergebieten. Die Antwort war positiv und sehr freundlich und nach einigen kleinen Feinjustierungen wegen der Fähre, und dem Abwarten eines unterschriebenen Urlaubsantrags waren sowohl der Transport, als auch die Unterkunft gesetzt – im Februar!

Anreise (Tag 1 und 2)
[by annepanne]
Ein halbes Jahr Vorfreude später, war es dann endlich soweit: Wir fuhren zum frühen Abend nach Genova, um von dort über Nacht nach Olbia auf Sardinien zu schippern. Wir hatten uns den Luxus einer Kabine auf der 10 stündigen Fährfahrt gegönnt.  Da das Schiff im Hafen quasi sofort wieder umdreht, wurden wir »italienisch robust« mitten in der Nacht geweckt und aus der Kabine geschmissen (“EXIT!” war alles was er uns auf Englisch entgegen schmetterte, nachdem er schon in der Kabine stand), damit diese für die nächste Runde hergerichtet werden konnte.  Das Ganze hatte den Vorteil, dass wir bei warmen Fahrtwind den Sonnenaufgang über dem Mittelmeer genießen konnten.
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Die Fahrt nach Cala Gonone führte über das volle Spektrum Italiener Straßenqualität. Dabei haben wir auch gleich gelernt, dass »80« das Tempo auf den Landstraßen der Insel ist – unabhängig davon ob da nun 30, oder 50 oder Freigegeben auf den Schildern steht. Nur im sehr kurvigen und steilen Endspurt nach Cala Gonone (der Ort ist eingekesselt von einladend aussehenden Bergen) sind sogar die Einheimischen etwas langsamer unterwegs – trotz hoher Qualität der Straße: Die Panzerplatten waren sogar von einer Leitplanke gesäumt!
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Nach etwa 2 Stunden Fahrt kamen wir in Cala Gonone an, und wurden von Sergio (unserem Kontakt vor Ort) sehr freundlich willkommen geheißen. Nach einer Führung durch die sehr hübsche und saubere Wohnung (und einer Einführung in die umfangreichen Mülltrennungsreglen) hat er uns noch einen Kletterführer für die umliegenden Buchten geliehen, und uns dann unserer Siesta überlassen: Da es draußen ohnehin angefangen hatte, zu regnen, und wir immernoch die letzten Wochen Arbeiten in den Knochen hatten, ließen wir den Urlaub angemessen ruhig beginnen, indem wir die Betten probe-lagen. Dabei fiel uns auf, dass – vermutlich durch den Regen verstärkt – ein ganz intensiver Pinienduft in der Luft lag. Wie sich später herausstellte, war dies nicht nur auf unserem Balkon so, sondern gilt für die ganze Region: Zukünftige Begegnungen mit Gesundheitsbädern, werden bei uns also ab sofort schöne Urlaubserinnerungen an Sardinien wecken…
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Ausgeruht, und ziemlich hungrig machten wir uns am Nachmittag noch auf den Weg die nähere Umgebung zu erkunden. Erste Ziele waren die örtliche Touristen-Information und ein Supermarkt – zwar hatten wir Verpflegung für die ersten Tage dabei, aber wir wollten natürlich wissen, was es hier so gibt und mindestens einen Wein für das Abendbrot mit nach hause nehmen. Außerdem war die Küche des Apartements mit einem Esspressokocher ausgestattet, also musste dringend Esspresso-Pulver her!
Auffällig war, dass unsere mitgebrachten Produkte gar nicht als mitgebracht auffallen würden: Nudeln, und Nudelsoßen gibt es auch hier nur von Barilla. Ob das nun der Tatsache geschuldet ist, dass hier vor allem Touristen einkaufen, oder ob auch die Italiener nur davon leben, wird sich wohl nie endgültig klären lassen.
Auf dem Rückweg testeten wir bei einem Abstecher zum Strand noch das Wasser und damit waren am ersten Tag nun offiziell die Beine (Meerwasser), die Zunge (Espresso) und die Nase (lokaler Wein) im Urlaub angekommen. Spätestens beim ersten Kletterausflug würden dann die Augen (Aussicht) und die Arme (ohne Kommentar) sicher folgen – und mit dieser schönen Aussicht ließen wir den ersten Urlaubstag entspannt und zufrieden auf der Terrasse ausklingen.

Akklimatisieren (Tag 3) – Wandern von Cala di Luna nach Cala Gonone
[by tmb]
Am dritten Tag nahmen wir unseren ersten Ruhetag, schließlich will man den Urlaub ja langsam angehen. Ruhetage haben bei den Kletterern eine lange Tradition, denn man kann nicht 3 Wochen lang jeden Tag klettern.  Deswegen wollen diese nicht nur gut eingeteilt, sondern vor allem auch gut verbracht werden.  Im konkreten Fall hieß es für uns heute Akklimatisieren.  Das Wort »akklimatisieren« klingt natürlich leicht übertrieben für einen Inselurlaub, auf der anderen Seite kann selbst der beste deutsche Sommer nicht auf Höchstleistung im tropischen Klima vorbereiten. Und was wäre da besser geeignet als eine kleine Wanderung.  Der eigens dafür gekaufte Führer »Wandern auf Sardinien« bietet günstigerweise eine Wanderung an, welche direkt vor unserer Haustür startet – das Ziel: die Mondbucht.  Das Wetter war zwar gewitterig mit 99% Niederschlagswahrscheinlichkeit angekündigt, aber das kann uns ja nicht abschrecken!  

Die Mondbucht »Cala di Luna« ist bis heute ausschließlich per Boot zu erreichen.  Der Wanderführer schlägt vor, von Cala Gonone (unserer Haustür) zur Cala di Luna zu laufen (9km, 3h) und sich dort vom Boot zurück fahren zu lassen.  Wir haben es aus verschiedenen Gründen genau umgedreht gemacht. Zum einen ist es einfach angenehm der Heimat entgegen zu streben, zum anderen hat man so die Sonne im Rücken und zu guter letzt liegt so das knackige Stück am Anfang (Cala di Luna => Codula Fuili). Die Beschreibung im Führer sagt zum Charakter dieser Wanderung:
»Straße, dann deutlicher, aber zumeist gerölliger-felsiger Pfad durch Macchia mit kurzen, jedoch knackigen Auf- und Abstiegen über Felsen«

Kurz nach Zehn zogen wir los in den Hafen von Cala Gonone um uns nach dem nächsten Boot Richtung Mondbucht zu erkundigen. Leider fuhr dieses erst gegen 11 Uhr, dafür kostet die Hinfahrt pro Erwachsener erschwingliche 10€. Die Fahrt bis zur Cala di Luna dauert mit Zwischenstop an der »Grotta del Bue Marino« eine knappe halbe Stunde. Dort angekommen kann man sich entweder in das touristische Treiben am Strand stürzen, oder so wie wir, direkt den gemütlichen Anstieg zum 130m hohen »Fruncu Nieddo« starten.  Der nach dem rot-dunklem Lavastein benannte Hügel bieten noch einen perfekten Ausblick auf die Bucht.
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Vom Frunco Nieddo geht der felsige Wanderweg als nächstes zur Grotta Oddoana. Diese sonst umspektakuläre Boofe bieten zumindest mal einen kühlen schattigen Rastplatz. Auch wenn der Wanderführer von »kaum Schatten« redet, wandert man doch durch genügend Bäume (siehe auch unten), dass immer mal wieder ein schattiges Plätzen abfällt. Und trotzdem bietet sich die Grotta Oddoana förmlich für eine erste kleine Snack-Pause an.

Von hier schlängelt sich der Weg über diverse Köhlerterrassen unbeirrt bis zum Abzweig für die »Grotta del Bue Marino«. Da schon unserer Wassertaxi am Mittag hier halt gemacht hat, wollten wir einen kleinen Blick werfen und verließen den Wanderweg in Richtung Grotte. Diesen Umweg sollte man nicht unterschätzen! Da man doch einige Meter im Landesinneren ist und noch dazu einige Höhenmeter über dem Wasser, dauert es doch einen Moment bis man diese überwunden hat und vor dem Nordeingang der Grotte steht. Leider wußten wir nicht, dass die natürliche Schönheit dieser Tropfsteinhöhle strengen Öffnungszeiten unterliegt (9:30 – 13:00, Eintritt 10€), welche wir um eine knappe Stunde verfehlt haben.  Also blieb uns nur ein Blick auf unser Ziel in der Ferne und weiter ging es.
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Auf halben Weg zurück zum Haupt-Wanderweg hat man die Wahl, auf einem alternativen Weg Richtung »Codula Fuili« Dieser verläuft einige Höhenmeter unter dem Hauptweg und etwas dichter am Wasser. Vermutlich wurde so die Möglichkeit geschaffen, von der Codula Fuili auf einem Rundweg zur Grotta del Bue Marino zu gelangen. Wir entschieden uns für den unteren Weg einfach um die zusätzlichen Höhenmeter zu vermeiden. Nach einer halben Stunde waren wir dann an der Fuili Kiesbucht angekommen. Da diese den Ausgang von einer Felsschlucht bildet, welche auch von unseren beiden Kletterführern gelobt wird, wagten wir einen Blick um das Terrain für die nächsten (Kletter)Tage zu sondieren.

Nachdem wir die Schlucht hinter uns gelassen hatten, lagen noch etwas über 3km bis Cala Gonone vor uns. Dieses letzte Stück der Wanderung läuft man unschwer neben und auf der Landstraße. Das klingt so unspektakulär wie es ist, aber die Vorfreude auf Pasta und Wein trieben uns voran, so dass wir nach einer weiteren knappen Stunde zurück waren und mit Begeisterung über den Tag die Gläser heben konnten.

Fazit: Empfehlenswert!
An der Wanderung hat uns Verschiedenstes begeistert.  Zunächst wäre da die Abwechslung der Landschaft – über Waldwege und Schotterfelder, große und kleine Felsbrocken, vorbei an Buchten und Grotten. .  Ein weiteres Highlight waren die Bäume.  Klingt komisch, ist aber so!  Jedes Kind würde sich so einen sardischen Küstenbaum wünschen, denn zum klettern laden sie förmlich ein.  Auf dem Bild unten hatte Anne das Glück, einen typischen sardischen Puma in Orange zu erwischen – ein wirklich seltenes Exemplar!
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Zwei weitere Highlights haben ganz andere Sinne angesprochen.  Da wäre zum Einen der intensive Pinienduft.  Dieser ist uns schon gestern auf unserer Veranda nach dem Gewitter aufgefallen.  Hier in der unberührten Küstenlandschaft war er wie ein konstanter Begleiter – quasi wie in einer Douglas Filiale, nur ohne die fetten Frauen und die restliche Duftkakophonie.  Und weil wir es gerade vom Klang haben, ein weiteres berichtenswertes Highlight ist die Stille.  Sobald wir etwas von den belebteren Buchten entfernt waren, war es einfach nur beeindruckend ruhig.  Und dabei meine ich nicht nur den uns sonst so vertrauten Lärm der Zivilisation!  Denn selten hat man es in der Natur so absolut still – keine Vögel, keine Grillen oder sonstige Insekten, kein Rascheln in den Bäumen (von Annes Schnaufen mal abgesehen)
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Mit der Wartezeit auf das Boot und der Fahrt zur Cala di Luna, den verschiedenen ausgedehnt-genutzten Fotospots, sowie der Zeit für Snack-Stops und dem kleine Umweg zur Grotta del Bue Marino, kamen wir in Summe auf knappe 6h für ca. 10km. Die Anstrengungen halten sich in Grenzen (2 von 5 Hanteln) und sind ausschließlich der Länge und den tropischen Bedingungen geschuldet. Die Wegmarkierungen sind an den wichtigen Stellen vorhanden und die Wegfindung war jederzeit unschwierig (Anne.merkung: zu beachten ist dabei, dass seitlich abgehende Wege durch kleine »Stein-Walle« abgetrennt sind und damit der Hauptweg klar markiert ist). Und so bleibt zusammenfassend die uneingeschränkte Empfehlung für diese Wanderung – vor allem ist es eine perfekte Akklimatisierung für die tropischen Bedingungen vor Ort.

PS: geregnet hat es nicht – 1% Nicht-Regenwahrscheinlichkeit ist manchmal alles was es braucht 😉

Klettern in der Cala Fuili (Tag 4)
[by annepanne]
Nachdem wir also die ersten Tage sehr ruhig hatten angehen lassen, war es heute endlich Zeit für Fels unter den Fingern. Abgefüttert durch die tolle Aussicht auf die Wände der Cala Fuili, die wir bei der Wanderung bekommen hatten, entschieden wir uns für dieses Gebiet für unseren ersten Tag. Ein weiterer Vorteil ist der Parkplatz direkt über den Wänden, so dass der Zustieg sehr überschaubar war. Aus der breiten Auswahl an Sektoren wählten wir die Wand »Amelia« bzw »Spaggio Ovest« welche direkt aufs Meer blickte. Mit ein paar Bäumen und Büschen direkt am Wandfuß bot sie ausreichend Schatten zum Sichern und für die Pausen, so dass sich die Kletterei in der Sonne gerade so aushalten ließ.
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Da wir – ganz die Klettertouristen – unsere Aktivität mitten in die Tageshitze legten (Ankunft am Einstige gegen 10 Uhr), waren wir an der Wand selbst allein. Stattdessen hatten wir hin und wieder einige Zuschauer vom Wasser aus, für die unser Verhalten offenbar interessanter war, als das der Fische unter Wasser.
Die Routen selbst verlaufen durch verschiedene Qualitäten von Kalk und bieten damit klettertechnisch viel Abwechslung auf 25 – 30 Metern Länge. Um die Schwierigkeitsangaben im Kletterführer einschätzen zu lernen, starteten wir mit der vielversprechend aussehenden »Cotequino«, bewertet mit 5c (UIAA VI). Die Wegfindung war leicht, weil die Route sehr gut mit geschraubten Bohrhaken abgesichert ist. Dies gilt übrigens für alle Routen, die wir von unserem Schattenplatz aus einsehen konnten: Im Schnitt alle 3 Meter, vor allem aber auch an strategisch günstigen Punkten sind die Sicherungspunkte zu finden, und machen das Klettern so entspannt und sicher, wie es sich für einen Klettergarten gehört. Außerdem wird offenbar viel Wert auf die Qualität der Sicherung gelegt, denn alle Bohrhaken waren trotz der schwierigen Bedingungen direkt am Meer in einwandfreiem Zustand – ein Lob an die Schraubet und Pfleger dieser Routen!
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Als nächstes stiegen wir in die benachbarte »Alta Marea«, bewertet mit 6a (UIAA VI+) ein. Sie verläuft wieder zuerst durch griffigen, von der salzigen Luft zerklüfteten grauen Kalk, bevor sie in der zweiten Hälfte in kompakten gelben Kalk überging. Typisch für die untere Hälfte sind gute Leisten, die mit vielen kleinen Spitzen versehen auf Dauer durchaus schmerzhaft sind. Allerdings sind sie dafür auch als Tritte sehr gut zu stehen: Wenn der Fuß hier nicht hält, dann nirgends! Rechts vorbei an einem langen Loch und ein paar Schuppen ging es auf einem Absatz, auf dem man gut pausieren und die zweite Routenhälfte einsehen konnte. Diese startete mit einem großen, leicht überhängenden Loch, welches auch die Schlüsselstelle darstellte. Während ich dieses Loch einen Meter neben der Sicherungslinie frontal überkletterte (und damit den Kreidespuren meiner Vorgänger folgte), meisterte Thomas die Stelle leicht rechts von der Sicherung und damit zwar kleingriffiger, aber eben nicht überhängend und vor allem mit Tritten und Griffen im Einklang mit dem Körperschwerpunkt. Nachdem diese Stelle geschafft war, verlief der Rest der Route umspektakulär aber schön durch kompakten, griffigen Fels, und das Plaisier-Erlebnis wurde nur getrübt, weil die Sonne die schwarz beschuhten Füße nach und nach gar brutzelte. Statt genießen war hier also zügiges Klettern angesagt, um oben angekommen dann schnellst möglich die Schuhe auszuziehen und in den wohltuenden Schatten abgelassen zu werden.

Als krönenden Abschluss für diesen ersten Klettertag wählten wir schließlich noch die Route »Vento in Poppa« (Rückenwind), welche je nach Kletterführer früher mit 6a+ und heute mit 6b+ bewertet ist (UIAA VII- bzw. VII+). Ganz im Sinne des Routennamens ließ ich mich von der abwechslungsreichen Schönheit der Route nach oben tragen. Als direkte Nachbarin der Alta Marea folgt sie dem gleiche Felsverlauf (von grau nach gelb, inklusive Stufe und großem Loch) und lässt dennoch kein bisschen Langweile aufkommen: Die Leisten sind kleiner, der gelbe Bauch etwas kompakter, die Schwierigkeit ist anhaltender und von Plaisir kann man hier nicht mehr sprechen. Stattdessen athletische, technische Kletterei, bei welcher jeder geschaffte Zug ein kleiner Triumph war, ohne dass die Route insgesamt als “zu schwer” wahrgenommen wird. Die drei von drei Sterne, die sie im Kletterführer bekommen hat, hat sie sich mehr als verdient!
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Nach diesem herausragenden Abschluss fanden wir, hatten wir eine Siesta und einen Snack verdient. Zwar wollten wir uns die anderen Klettergebiete in der Codula Fuili auch noch ansehen, und ein paar Fotos standen auch noch aus, aber die Nähe zur Ferienwohnung machte einen kleinen Zwischenstop in Dusche und Bett zu verlockend. So stiegen wir uns am späten nachmittag ein zweites Mal die gut 160 Stufen vom Parkplatz zum Strand ab und stellten erstaunt fest, dass die Luft im Fjord mit der hinterm Berg verschwundenen Sonne deutlich abgekühlt war. Der Begriff “kühl” wäre mit ca. 28°C zwar immernoch nicht wirklich passend, aber im Vergleich zur Mittagswärme (selbst im Schatten hatten wir knapp 35°C!) war es doch deutlich angenehmer. Als weitere viel versprechende Kletterwände, die gut jeweils einen halben Klettertag füllen könnten, identifizierten wir bei diesem Spaziergang die linke Seite des Sektors »Sperone«, sowie die direkt am Meer liegende Wand »Spigolo«, welche wir sicher noch aufsuchen würden.

Zum Abendbrot hatten wir uns für heute ein Fischrestaurant vorgenommen. Laut unserem Vermieter war es nämlich so, dass der vor der Küste gefangene Fisch zwar den lokalen Fischrestaurants verkauft wird, aber die Reste dann nicht in einem Fischmarkt in Cala Gonone verkauft werden, sondern statt dessen nach Cagliari gebracht und dort angeboten werden. das heißt, als Anwohner kann man zwar den tiefgefrorenen Fisch aus Griechenland im Laden kaufen, aber nicht den frisch gefangenen von Sardinien. Das Restaurant unserer Wahl war das »Il Pescatore« kurz hinterm Hafen, mit Blick aufs Meer und im Internet als “Bestes Fischrestarurant in Cala Gonone” angepriesen. Auf dem Weg dorthin konnten wir die Preise der anderen Restaurants an der Promenade einsehen und fanden, dass das Preisniveau insgesamt relativ hoch war (Starter um 12 Euro, Hauptgericht zwischen 15 und 25 Euro), und das Il Pescatore dabei nur wenig überm Schnitt lag.
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Das Restaurant hat einen Innenbereich sowie einen Außenbereich, der wie eine Art offener Bahnwagon aussieht und gegenüber der Straße direkt am Wasser liegt. Zwar konnten wir nicht direkt am Wasser sitzen, denn diese Tische waren alle reserviert, aber die freundliche Bedienung hatte noch ein Plätzchen in der zweiten Reihe für uns, welches immernoch nah genug am Geschehen der Wellen war. Thomas wählte ein Carpaccio vom Rind, gefolgt vom Tagesangebot (zuerst Penne Arrabiata und dann Steak vom Schwertfisch), während ich dem Thema »Meeresfrüchte« treu blieb und als Vorspeise dreierlei Carpaccio vom Fisch wählte und als Hauptgang eine Platte mit Meeresfrüchten der Saison. Dazu ließen wir uns von der Bedienung einen Roséwein empfehlen – und der »Chiaro di Stelle« aus Pala war eine wirklich sehr gute Empfehlung!
Nachdem wir die Teller der anderen Gäste gesehen hatten, kamen uns Bedenken, ob wir mit mehreren Gängen nicht etwas überfordert würden, und tatsächlich waren auch unsere Portionen reichlich bemessen. Aber neben der Masse war das Essen trotzdem klasse! Die Vorspeisen waren hübsch angerichtet und sehr lecker und auch der Zwischengang und die Hauptspeisen standen dem in nichts nach. Leider habe ich nach der Auswahl an diversen Krustentieren und Achtbeinern meine beiden Filets vom Schwertfisch und Thunfisch, die sich ebenfalls noch auf meinem Teller fanden, nicht mehr geschafft, und auch Thomas konnte mir da nichts mehr abnehmen. Im Nachhinein denke ich, können sich mein Menü zwei Personen gut teilen, ohne dass einer hungrig bliebe – und wenn doch hätte es auch noch Käseplatten oder leckere Desserts gegeben.

Noch ein Wort zum Einkaufen: Unser vierter Tag war ein Sonntag, und wir hatten aus Internetrecherchen indirekt entnommen, dass Sonntags ganz Italien schläft. Das können wir – zumindest beim Lebensmittelkauf – nicht bestätigen: Der “Europa”, ein größerer Supermarkt ganz bei uns in der Nähe, hat auch Sonntags bis 14 Uhr geöffnet. Und weil der schon zu hatte, als wir vom Klettern kamen, fanden wir heraus, dass mindestens der kleine, aber gut sortierte “Dico” sogar bis 19 Uhr geöffnet hätte.

Klettern in der Biddiriscottài (Tag 5)
[by tmb]
Bevor wir am Vorabend mit kugelrundem Bauch ins Bettchen rollten, suchten wir uns noch ein Klettergebiet für den nächsten Tag aus. Die Wahl fiel auf die Grotte von Biddiriscottai, einem der wohl charakteristischsten Orte an der Cala Gonone. Statt an Platten zu klettern geht es hier in horizontale Dächer! Der (ältere) Führer sagt dazu:
“Stark überhängender, gelber Mamorkalk mit vielen Sanduhren, Sintern, Konkretionen aller Art. In den längeren Routen gut griffig und scharf. Sonne: bis 13Uhr”
Da wir am Vortag soviel Glück mit dem schattigen Wandfuß hatten, beschlossen wir es heute langsam angehen zu lassen und auf den Schatten am Nachmittag zu hoffen. Lange ausgeschlafen, nach Frühstück und ein wenig Fotos sortieren & Blog schreiben sind wir gegen halb Drei losgezogen. Der Zustieg ist vollkommen stressfrei: vom Hafen geht man die asphaltierte Strandpromenade (»Via Lungomare dell’ Aqua Dolce«) bis zum Ende nach Norden. Von dort dann einem leicht zu findenden Wanderweg über Basaltgestein und später Sand. In weit weniger als einer halben Stunde steht man vor der imposanten Grotte.
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In der Grotte angekommen stellten wir fest, dass schon reger Betrieb herrscht (4 weitere Seilschaften). Das wiederum war aber kein Problem, da die Grotte weit über 50 Routen im Bereich 5b bis 7c bietet. Interessanter Weise ist es im Laufe des Tages nur leerer geworden, genau genommen waren wir die letzten, die an diesem Tag in die Grotte gekommen sind. Wir hatten vermutet, dass die Biddiriscottai ein beliebter Feierabend-Spot der Locals sein könnte, aber das hat sich heute nicht bewahrheitet. Vielleicht lag das aber auch am Wind. Der Führer warnt ausdrücklich davor, dass der Fels nur bei Mistral kletterbar ist (kalter trockener Nordwind). Bei schwülem Südwind (Schirokko) ist das klettern unmöglich. Dank Wetterbericht wußten wir, dass die relative Luftfeuchtigkeit heute von 50% am Morgen zu 70% am Abend ansteigen würde. Vielleicht waren deswegen keine Locals anwesend?

Bei Temperaturen weit über 30° im Schatten waren wir nach dem Zustieg erstmal froh, die Grotte tatsächlich im Schatten vorzufinden. Nach einer kurzen Verschnaufpause und dem obligatorischen Auslosen des ersten Vorstiegs, stand als Aufwärmroute die »Lithium« an (früher 5b, V+, heute 5c, VI) – im Nachhinein eine Route, die man getrost auslassen kann. Technisch leicht und auf keinen Fall zu schwer bewertet, versteht man in dieser Route sofort warum der Stein Mamorkalk heißt: viele frühere Begehungen bescheren eine fingerfreundliche Kletterei.

Ohne große Pause ging es mit der weiter rechts geschraubten »Eddy« weiter (früher 5c, VI, heute 5b, V+). Die Felsqualität war hier im oberen Bereich der Route schon deutlich besser, nur am Einsteigsboulder haben sich schon Generationen Kletterer versucht. Im mittleren Teil überklettert man eine große Schuppe, welche auf eine kleine Stimulans (dagegen treten) einen grusligen hohen Ton von sich gibt. Nach der kürzlich Sanierung durch die Bergrettung ist auch hier die Absicherung perfekt. So gut, dass man bei der Querung nach der Schuppe auch gut einen Bohrhaken auslassen kann. Oben heraus stellt sich noch ein richtiges Plaisirgefühl ein. Da der Umlenker bei der Sanierung übersehen wurde, sind wir oben heraus noch zum Umlenker der »Dai tossina!« gequert – ein luftiger Spass direkt unter dem Dach der Grotte.

Bei der letzten Sanierung sind einige Routen hinzu gekommen, die in unserem älteren Führer nicht vermerkt sind. So stiegen wir als nächstes in eine dieser neuen Routen ein (nach dem neuen Führer war das die »Happy New Year« (6a+, VII-)). Der Unterschied in der Felsqualität ist phänomenal. Beste Griffigkeit und eine ideale Absicherung machten diese Route zu einem wahren Vergnügen. Die Bewertung paßt gut für den unteren Teil. Wie bei allen Routen in diesem Teil der Grotte, ist die Kletterei im oberen Teil an großen Löchern und Sintern deutlich leichter. Aber der kleingriffigen Start ist schon eine 6a wert – insbesondere wenn man die große Verschneidung der »Sirene al Muro« nicht nutzt.

Der Abschluss an diesem Tag war die 6b+, VII+ bewertete »Aberrante«. Diese startet mit einer athletischen Zugkombination über Sanduhren in einem kleinen Dach. Erst Schwierigkeit ist ein langer Zug vom zweiten Bohrhaken weg hinauf zu einem Zangengriff (rechts) und weiter zu einem Fingerloch (link). Gute Fußarbeit kann die Kletterei hier deutlich erleichtern. Hat man den dritten Bohrhaken hinter sich gelassen, steht man vor der Wahl die nächste Passage eher links, oder eher rechts zu klettern. Der gute und bisher wenig abgegriffener Fels gibt beides her. Danach hat man den Bereich mit den größeren Löchern erreicht und die Kletterei wird wieder deutlich leichter. Für uns war die Aberrante eindeutig die schönste Route an diesem Tag!
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Mittlerweile war auch die Sonne hinter der Insel verschwunden. Ich nutzte das letzte Licht für ein paar Boulder. Zwar wollte ich eigentlich nur ein bisschen »ab-bouldern«, bin dann aber doch noch in die ersten 7m der »Helle fauch del lupo« (6a+) eingebouldert, bevor ich dann schlussendlich nur noch ein wenig am Wandboden traversiert bin. Annes Finger hatten bereits beschlossen, dass sie für 36h keinen Fels mehr anfassen wollen. Entsprechend schnappte Sie sich die Kamera und schoss noch zwei Beweisfotos, denn bei so viel Kletterspaß hatten wir die Kamera heute die ganze Zeit in der Tasche.
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Zuhause angekommen machten wir uns unser verdientes Abendbrot aus Bratkartoffeln, Zwiebeln, Speck und Ei (mit Melone als Dessert) und mit einen gekühlten Rosé klang ein weiterer perfekter Klettertag aus.

Ruhetag in Ruhe (Tag 6)
[by tmb]
Üblicherweise sind die Ruhetage ja immer prall gefüllt mit weniger fingerlastigen Aktivitäten – nicht so heute.  Unser Tag war prall gefüllt mit Ruhe, selbst zum Strand haben wir es nicht geschafft.   Anne hat ein paar Kapitel gelesen und bei mir hat es gerade einmal für eine Fototour um den Block gereicht.  Dafür gibt es ein paar kleine unzusammenhängende Anekdoten aus der ersten Woche.  Da wäre zum Beispiel die Top3 der Gründe an denen man merkt, dass man in Italien ist:

  1. Der Vermieter erklärt als erstes wie das Espressokocherkännchen funktioniert.
  2. Der Ort ist tagsüber wie leergefegt (sogar der Eismann macht Siesta), dafür macht der lokale Kunsthandelmarkt gegen Mitternacht den meisten Umsatz
  3. Oh noch eins zum Thema Vermieter: er weiß zwar wie man Kaffee macht, aber für die Erklärung der Waschmaschine hat er seine Mama vorbei geschickt.

Tja manche Klischees sind halt doch wahr und gerade in Italien gibt es jede Menge davon 🙂  Dann haben wir noch gar nicht von den Mücken berichtet:  die kleinen Scheißer sind hier so zahlreich wie hinterhältig.  Doch das schlimmste: sie sind deutlich kleiner (schwerer zu sehen) und sie machen keinen Lärm (kein Summen mit allen Vor- und Nachteilen).   Doch bevor ich mich über dem heutigen Abendwein verliere, hier noch zwei Fotos aus Cala Gonone.

Hafen und Stadtstrand
Der Hafen ist tagsüber wie leergefegt, vor allem weil die kleinen Boote für wenig Geld (und ohne Bootsführerschein) gemietet werden können.  Das wird bei diesem Wetter natürlich gerne angenommen.  Vielleicht kommen wir die Tage abends ja mal in die Gänge, dann reichen wir ein gefülltes Hafen-Bild im Mondschein nach.
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Gasse in Cala Gonone
nur einen Block weiter ist dieses Bild mit Karibik-Flair entstanden.  Allein der Roller erinnert noch an Italien…
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Cala Gonone von oben
Da hier alles ein wenig am Berg gelegen ist, darf ein Bild von oben nicht fehlen.
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Pastabar
Mit freundlichem Gruß von Anne – denn sie bestand drauf das dieses Bild heute mit in den Bericht kommt.  Beim Shopping für das heutige Curry haben wir unseren Einkaufsradius etwas erweitert und sind mal ins Nachbardorf gefahren.  Dort haben wir diese Pastabar entdeckt.  Sieht ein bisschen aus wie auf dem Rummel, eben nur nicht mit Süßigkeiten sondern Nudeln.  Das ist dann wohl Punkt 4 in der Top3-Wir-Sind-In-Italien-Liste von oben.
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Dorgali
wie oben schon erwähnt, schauten wir zum Shopping für die Abendbrot Zutaten mal über das Tal von Cala Gonone hinaus. Dogali ist der nächstgelegene (größere) Ort. Durch die nahegelegene Bergkette ist hier nicht mehr viel vom Inselgefühl übrig. Als erstes haben wir einen schönen Aussichtspunkt im Süd-Osten von Drogali angesteuert. Eine kleine Kirche steht hier etwas erhöht und bietet einen schönen Ãœberblick über die Stadt. Ansonsten hat uns Dogali auf den ersten Blick nicht überwältigt. Die Einkaufsmöglichkeiten sind schon etwas umfangreicher, aber der Weg “über den Berg” lohnt dann doch nicht.
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Klettern in Buchi Arta (Tag 7)
[by annepanne & tmb]
Der Start des siebten Tages hat sich eigentlich schon am Abend vorher angekündigt: Zunächst hatten wir Schwierigkeiten, trotz der großen Auswahl eine Wand zu unserer Zufriedenheit zu finden, denn die Ansprüche sind hoch. Schatten am Nachmittag sollte sie haben, einen möglichst kurzen Zustieg, Routen im Bereich 5 und 6 und “Platten” mussten auch nicht unbedingt sein. Nach dieser Einengung blieb nicht viel in unserer Nähe übrig und so entschlossen wir uns, die Anforderungen etwas herunter zu schrauben und ganz die harten Kerle einen Wecker auf 7 Uhr zu stellen. Diesen haben wir – natürlich – am nächsten Morgen dann tunlichst ignoriert. Stattdessen sind wir (viel später) zu Enrique Iglesias aus dem Radio unserer Nachbarn aufgestanden und haben beschlossen, den ausgewählten Sektor »Buchi Arta« trotzdem aufzusuchen.
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Die Zufahrt ist genauso einfach wie abenteuerlich. Der leichte Teil wird in jedem Kletterführer gut beschrieben: von Cala Gonona auf die SP26 Richtung Dorgali und an der Abfahrt »Nuraghe Mannu« links rein. Der Betonstraße folgen bis nach 4.5km eine Abzweigung links mit dem Schild »Buchi Arta« die Richtung weist. Von dort noch 2.7km bis zum Parkplatz. Die GPS Koordinaten des kleinen Buchenwäldchens entnehmt Ihr dem Bild unten. Unterwegs ruhig ein wenig die schöne Natur genießen – zumindest wenn Ihr nicht der Fahrer seid. Denn hier kommen wir zum grusligen Teil. Auch wenn der Betonweg die meiste Zeit in bester Qualität ist und sogar hier und da Seitenmarkierungen bekommen hat, so gibt es doch einige Gefahren. Zum einen wären die permanente Verdreckung des Wegs durch Steinschlag. Also immer ein wachsames Auge auf den Straßenrand! Außerdem gibt es einige erst zu nehmende Schlaglöcher, vor allem nach dem letzten Abzweig. Zum Glück waren in den größeren Schlaglöchern schon einige Fiats versunken, so dass wir ohne größere Probleme – ein paar Aufsetzern hier und da – durchgekommen sind. Die letzte Gefahr lauert im Geschwindigkeitsrausch der Italiener. Die angegebenen 30 gelten hier pro Rad und Insasse. Zumindest der Punto mit drei älteren Herren, der uns in einer Spitzkehre fast zwischen den Kühlergrill gerutscht wäre, fühlte sich nicht an die oben Geschwindigkeit gebunden. Der Parkplatz war nach der (selbst für italienische Verhältnisse) spannenden Zufahrt überraschend geräumig und (viel wichtiger) komplett im Schatten!
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Nach dieser abenteuerlichen Zufahrt kamen wir gegen halb 12 am Felsen an: Dass wir am Ziel waren, war unschwer an den vielen Autos zu erkennen, die sich unter den Steineichen am Wegesrand tummelten. Spät dran, wie wir waren, waren wir die siebte Seilschaft die eintraf – im Hochsommer ist hier vermutlich noch einiges mehr los! Beim Aussteigen konnten wir schon die anderen Kletterer und ihre Kinder hören und ließen uns von den Stimmen die verbleibenden 100 Meter durch den Wald führen. Da die Wand recht breit ist und mit gut 40 Routen allesamt im 5. und 6. französischen Grad auch relativ homogen, verteilten sich die anwesenden Kletterer doch erstaunlich gut. Einig die wenigen Schattenplätze am Wandfuß unter ausladenden Baumkronen waren bei allen Anwesenden gleich beliebt, so dass sich dort hin und wieder kleine Grüppchen bildeten.

Der Fels selbst lag bei unserer Ankunft zwar noch im Schatten, aber die Sonne war deutlich auf dem Vormarsch. Wir vermuteten, dass wir noch eine, maximal zwei Routen klettern könnten, bevor die Wand vollständig beleuchtet und erhitzt würde. Also platzierten wir unser Geraffel strategisch günstig unter dem tollen großen Baum direkt am Wandfuß und entschieden uns spontan auch gleich für die Route direkt nebenan mit der Nummer 13, bewertet mit 6a (UIAA VI+) – denn: Wir hatten doch keine Zeit!
Ein Wort zur Namensgebung: Unser Kletterführer enthält zu jeder Wand auch eine kleine Anekdote und erzählt zu dieser hier, dass sie von zwei Kletterern erschlossen wurde, die weder namentlich genannt werden, noch den Routen Namen geben wollten. Vermutlich wollten sie auf diese Weise dieses Juwel so unbekannt wie möglich lassen. Ob dies aus egoistischen Gründen (my precious!), oder eher aus Praktischen (offenbar ist das Land um diesen Fels landwirtschaftlich genutzt, und rücksichtslose Kletterer könnten möglicherweise schnell dazu führen, dass der Fels von den örtlichen Bauern gesperrt wird) veranlasst war, ist unklar. So kommt es jedenfalls, dass als Erschließer im Topo “die üblichen Unbekannten” und als Namen einfach laufende Nummern der Routen angegeben werden.
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Nach dem üblichen Schnick-Schnack-Schnuck um die Ehre zu beginnen, durfte erneut ich den Anfang machen und stieg beherzt ein. Schon von unten war zu erkennen, dass der Fels hier eher plattig, und mit gelegentlichen horizontalen Rissen versehen ist. Gute Fußtechnik und Ausdauer in den Fingern waren also gefragt – zwei Eigenschaften, denen ich nicht abgeneigt bin. Mehr Sorgen machten wir da die drei von unten sehr mächtig wirkenden Felsbäuche. Aber: Sowohl die moderate Bewertung, als auch die Ehre zu beginnen, diktierten, dass diese Route durchgestiegen werden wollte. Und obwohl ich zwischendrin ernsthaft fast aufgegeben und mich reingesetzt hätte, habe ich mit Thomas’ Anfeuerungen auch den letzten Bauch an seinen griffigen (= schmerzhaften) Leisten überwunden und konnte diese Route als Triumph verbuchen.
Die Kletterei in dieser Route, so wie in allen weiteren Routen dieser Wand (die wir uns angeschaut hatten) war geprägt von den eben genannten Leisten und geht nur selten, und wenn dann wenig über die Senkrechte hinaus. Die Herausforderung liegt hier eher darin, in den vielen Tropflöchern und waagerechten Rissen den einen guten Griff pro Zug zu finden. Außerdem ist eine gute Fußtechnik unerlässlich: Nur wer auch die kleinen Nasen als Tritt erkennt und nutzt, und damit kleine Schritte macht, kann an dieser Wand Erfolge feiern (und vermutlich auch Spaß haben). Da Thomas und ich uns als eingespieltes Team die entsprechenden Tipps und Hinweise zu den richtigen Zeitpunkten geben können, hatten wir beides.

Als zweite Route wählten wir die Nummer 12, also direkt links neben unserer Einstiegsroute. Das Seil verlief fast vollständig über die Bohrhaken dieser mit 6a+ (UIAA VII-) bewerteten Route, so dass wir uns für eine Begehung im Toprope entschieden. Zwar war die Route insgesamt schwieriger und anhaltender, aber die Bewertung war dennoch fair und mit dem Seil von oben konnten wir die Route beide der genießen. Wenn man sich nicht um die Absicherung und ein eventuelles Sturzgelände und dergleichen Gedanken machen muss, kommt man richtig in Fahrt und kann auch knifflige Zugfolgen genießen!

Während ich Thomas in der 12 sicherte, konnte ich eine weitere Seilschaft in der Route Nummer 14 beobachten. Auch diese war im Kletterführer mit 6a bewertet, doch schien sie einen recht schwierigen Einstieg zu haben: Der erste Bohrhaken war weit oben und selbst mit geklippten Seil schien es schwierig, von dort weg zu kommen. Nach einigen Versuchen, und mit der nun auf der Wand stehenden Sonne, gaben die beiden auf, und damit die Bahn frei für unsere Versuche an dieser Stelle. Denn gerade wenn man andere dabei beobachtet, wie sie an einer schwierigen Stelle probieren und versuchen, kommen einem Ideen, wie man es selbst versuchen könnte und würde. Diese dritte Route des Tages hatte es in sich: Zwar konnte ich die ersten zwei Bohrhaken gut klippen, aber das kostete viel Kraft. Auch die dritte Exe wollte verdient sein, bevor es dann etwas leichter und homogener wurde. Ob dies wirklich noch als 6a(+) gilt, oder nicht lieber eine 6b sein sollte bleibt zu diskutieren (die Erschließer vergaben hier eine glatte 6a, an der Wand steht jedoch 6a+); meine Theorie ist, dass da jemand 6b schreiben wollte, jedoch als Zugeständnis an die Originalbewertung nicht zu weit von dieser Abweichen wollte).
Alles in Allem war diese Route zwar ebenfalls sehr schön, konnte aber wegen ihrer sehr schmerzhaften Griffe nicht ganz an die erste heranreichen.

Kaum hatten wir den Entschluss gefasst, weiter zu klettern, da raschelte es gewaltig im Gebüsch. An die blökenden Schafe hatte man sich über den Tag hinweg schon gewöhnt, aber was doch was ganz anderes: eine Herde Bergschweine (inklusive einiger sehr lecker aussehender und frech dreinschauender Ferkel) streifte da neugierig und auf Nahrungsuche durch den Wald. Die Kletterfamilie meinte, dass die Schweine beim letzten Mal auch da waren, d.h. offensichtlich waren wir die Gäste in ihrer Speisekammer.
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Sehr passend war das die Tatsache, dass unsere Puma-Azubine gerade auf den Baum geklettert war. Wie das miauende Vorbild verfolgte sie Ihr Opfer am Boden und wartete auf den richtigen Augenblick dieses zu reizen. Ich konnte Sie gerade noch davon abhalten, in dem ich vorschlug noch ein paar Routen zu klettern.
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Nachdem sich Schweine und Familie verabschiedet hatten, stand die Sonne schon eine ganze Weile nicht mehr am höchsten Punkt. Da wir Schatten heute nur chillige 29°C hatten, war gerade noch genug Strom für zwei Plaisirrouten am linken Felsrand. Zum einen gab es die »Cat Walk« (6a, VI+) und dann die »El Principe« (5b, V+). Beide Routen haben mit 35m das traumhafte Limit unseres 70m Seils fast ausgereizt. Zuerst ist Thomas in die Cat Walk eingestiegen. An bestem Fels und von Henkel zu Henkel geht es stetig und ohne größere Herausforderungen empor. Die im Führer angegebene Bewertung von 6a ist allerdings hochgradig fraglich! Zwar endet die Route in einem (klitze) kleinen Überhang, aber dieser ist so deutlich verhenkelt, dass es zu keiner Zeit wirklich Spannend wurde. Der komplette untere Teil ist eher im Bereich 5a angesiedelt und überhaupt kein Vergleich zu den 6a Routen in der Wandmitte. Und dennoch sollte die Route auf keinen Fall ausgelassen werden. Mit einem schönen Blick Richtung Süden kann man hier sorgenfreies Urlaubsklettern erleben.
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Die El Principe ist mit der Bewertung von 5b dagegen gut getroffen. Deutlich homogener durchzieht sie besten Fels, meistens mit Henkel und in konstanter Schwierigkeit. Offensichtlich wurde auch sie in letzter Zeit auf 35m verlängert, denn bei uns im Führer stehen noch 20m – also gut auf die Seilmitte achten! Auch hier stellt sich schon nach den ersten Metern ein wunderbares Plaisirgefühl ein. Beide Routen sind auch sehr gut zum warmmachen für die deutlich knackigeren Routen in der Wandmitte geeignet.
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